Trier und Mastricht
Welche Ziele in der Mitte Europas wären geeigneter, sich dem im Jubiläumsjahr auch gewählten Schwerpunkt zu nähern? Bereits am Anreisetag erlauben wir uns - bevor wir Tier erreichen -einen Abstecher. Unser erster Halt ist Wittlich in der Eifel. Ganz spontan hat unser Reiseführer Tillmann Otto (slow Mosel) vorgeschlagen, dort am Bahnhof zuzusteigen, um uns vor Trier das malerische Moseltal zeigen zu können. Eine gelungene Einstimmung, denn ursprünglich sollten wir nur die flachere Landschaft des Obermoseltals sehen. Vom Bahnhof fährt unser Busfahrer Frank abwärts in das zwischen den Mittelgebirgen Eifel und Hunsrück tief eingeschnittene Mittelmoseltal mit den steil abfallenden Hängen. Vorbei am Weingut Haus Klosterberg des Markus Molitor erreichen wir das Tal in Zeltingen. Wir folgen dem Flusslauf auf der rechten Seite, erreichen Wehlen und erblicken auf der anderen Seite der Mosel den großen Weinberg mit der stolzen Aufschrift „Wehlener Sonnenuhr“. Wir durchqueren den Bernkastler Stadtteil Kues und fahren am prächtigen Hotel Lieser vorbei. Der Weinberg mit der Aufschrift „Brauneberger Juffer“ liegt gegenüber.
Nach Piesport erwartet uns ein besonderes Erlebnis: Till Otto dirigiert Frank auf die Mosel-Panoramastrasse mit einem atemberaubenden Blick auf das Moseltal zwischen Klüsserath und Trittenheim. Hinter Schweich ziehen sich die Höhenrücken von Eifel und Hunsrück zurück und wir erleben mit dem flachen Trierer Becken dann ein ganz anderes Landschaftsbild. Trotz des Umweges erreichen wir unser Hotel zur geplanten Zeit. Es liegt direkt gegenüber der Porta Nigra und trägt den Namen des wohl berühmtesten Baudenkmals Triers. Jeden Morgen beim Frühstück und beim Abendessen können wir unseren Blick auf das imposante antike Bauwerk werfen, das erst im Mittelalter seinen Namen erhielt, nachdem sich die hellen Sandsteinblöcke im Laufe der Jahrhunderte grau-schwarz verfärbt hatten. Ursprünglich war die Porta Nigra nur das Nordtor einer etwa 6,5 km langen Befestigungsanlage. Der massive Schutzwall um eine Fläche von 280 Hektar wurde zur Zeit des Kaisers Marc Aurel (161-180 n.Chr.) errichtet. Da es im Mittelalter als Kirche genutzt wurde, hat es sich so gut erhalten. Hier beginnt nach dem Bezug der Zimmer auch gleich unser erstes Kennenlernen der ältesten Stadt Deutschlands. Anhand eines Modells beschreibt Till Otto die Struktur der unter dem Namen „Augusta Treverorum“ zur Zeit des Kaisers Augustus gegründeten Siedlung. Typisch für römische Städte ist das Raster rechtwinklig angelegter Straßen mit der Hauptverkehrsachse zwischen der Moselbrücke und dem Ostausgang. Diese Verbindung ist wie die Straße von der Porta Nigra bis zur Höhe der Kaiserthermen bis heute erhalten geblieben. Unser Schnuppergang führt über den Hauptmarkt und endet vor dem Trierer Dom.
Im gegenüber gelegenem Keller des Weingutes Kesselstatt genießen wir vor dem Abendessen den Abschluss des ersten Tages mit einem guten Tropfen, den uns unser Reiseleiter ausschenkt. Am Morgen des zweiten Tages besuchen wir die Bauwerke, die die großartige Entwicklung Triers während der Römerzeit und danach dokumentieren. Bis 300 n.Chr. hatte sich Trier zur größten römischen Stadt nördlich der Alpen mit 80 000 Einwohnern entwickelt. 1986 erklärte die UNESCO die römischen Baudenkmäler sowie Dom und Liebfrauenkirche zum Weltkulturerbe. Till Otto leitet unseren Busfahrer Frank am Moselufer entlang bis zur Römerbrücke, deren heute noch erhaltenen Pfeiler aus der Mitte des 2. Jahrhunderts stammen. An den unter Kaiser Konstantin in der ersten des 4. Jahrhunderts erbauten Kaiserthermen steigen wir aus. Ein längerer Fußweg führt uns nun in die nördliche Richtung bis zur Basilika und zum Dom. Wir gehen durch den zweigeteilten Palastgarten, benannt nach dem Kurfürstlichen Palais. Der hintere Gartenteil an den Kaiserthermen wird vornehmlich von Sonnenanbetern, Ballspielern und auch zum Grillen genutzt, während der vordere Teil als Entrée zum Palais durch ein besonderes Blumenarrangement, filigranes Wasserspiel und Skulpturen geschmückt ist. Die Parkanlage wurde allerdings erst in den 1930er Jahren angelegt. Zu ihrem Gelingen hat eine Persönlichkeit einen erheblichen Beitrag geleistet, dessen Relief wir in der mittelalterlichen Stadtmauer am Rande des Parks sehen: Franz Weissebach (1860-1925) hatte durch sein Erbe an einem Anteil des elterlichen Weingutes Von Othegraven in Kanzem an der Saar ein beträchtliches Vermögen erworben und vermachte einen Teil davon der Stadt, allerdings mit der hinterlistigen Auflage, dafür ein Krematorium – ausgerechnet im erzkatholischen Trier – zu bauen. Einziger Ausweg aus dem Dilemma: Wenn der Stadtrat das Ansinnen fünf Jahre lang jeweils ablehne, könne von dem Geld ein Volksgarten errichtet werden. Der Rat setzte den Krematoriumsbau notgedrungen Jahr für Jahr auf die Tagesordnung und stimmte immer wieder dagegen. Nach fünfjähriger „Krematoriumsdebatte“ konnte der Bau des Palastgartens endlich beschlossen werden.
Ein Ur-Urgroßneffe Weissebachs ist Günther Jauch, der mit seiner Frau Thea 2010 das Weingut von Othegraven – seit 1805 in der 7. Generation im Familienbesitz – übernommen hat. Als „Abklatsch“ der Würzburger Residenz bezeichnet Till Otto das Kurfürstliche Palais, welches nach den Plänen des Architekten J. Seiz, eines Schülers von Balthasar Neumann, errichtet wurde. Die Gartenfassade ist unsymmetrisch, weil der westliche Flügel nach der Rekonstruktion der Basilika abgerissen werden musste. 310 n. Chr. ließ Kaiser Konstantin die Aula Palatina errichten, die heute den Namen „Konstantin Basilika“ trägt. Für ihn wurde der größte säulenlose Hallenbau der Antike als Ort für Audienzen, Empfänge und demonstrierte Macht verwirklicht und mit einer monumentalen Fußbodenheizung ausgestattet, die den riesigen Raum so gut erwärmen konnte, dass man im Winter nicht frieren musste. Das Ziegelbauwerk war verputzt und teilweise farbig bemalt. Reste davon sind noch heute zu sehen. Die Außenmauer der Basilika ist 2,7 m dick. Der Saal ist 67 m lang, 27 m breit und 33 m hoch. Die Porta Nigra würde zweimal in den gewaltigen Raum passen. Im Zweiten Weltkrieg brannte die Basilika vollständig aus. Sie wurde bis 1956 mit einer gewaltigen Kassettendecke rekonstruiert. Heute dient sie als evangelische Kirche. 2014 wurde eine neue gewaltige Hauptorgel mit über 6000 Orgelpfeifen eingezogen. Ein Großteil unserer Reisegruppe hat am Mittwochabend dort ein Orgelkonzert besucht und sich den durch ungetrübte Schallverbreitung ermöglichten Genuss fürs Ohr nicht entgehen lassen. Der Dom zu Trier, den wir an diesem Vormittag abschließend besuchen, ist die älteste Bischofskirche Deutschlands. Dort sind alle Epochen der europäischen Kunst- und Baugeschichte vereint. Mit der Liebfrauenkirche bildet er eine Doppelkirchenanlage. Der gotische Kreuzgang mit einem beinahe verwunschenen Innenhofgarten ist durch beide Teile zu erreichen. In der Heiltumskapelle wird der Heilige Rock aufbewahrt, der im 4. Jahrhundert von Helena, der Mutter Konstantins in Jerusalem als Tunika Christi entdeckt und von dort nach Trier gebracht worden sein soll. Die Reliquie wurde der Öffentlichkeit nur ganz selten gezeigt. 2012 hatten Pilger zuletzt die Möglichkeit, den Heiligen Rock in einem Glasschrein liegend in der Mitte des Domes zu betrachten. 15 Teilnehmer unserer Reisegruppe folgten dem Angebot, anschließend einen Mittagsimbiss in der „Weinwirtschaft Friedrich Wilhelm“ zu genießen. Das Lokal zwischen Basilika, Jesuitenkirche und Bischöflichem Priesterseminar befindet sich in den ehemaligen Räumlichkeiten des Friedrich-Wilhelm-Gymnasiums, in dem u.a. Karl Marx und Oswald von Nell-Breuning die Prüfung zur allgemeinen Hochschulreife abgelegt hatten. Seit April 2017 betreibt hier Ali Boussi als Küchenchef ein Restaurant mit einer sehr schönen Außenterrasse, auf der wir Platz nehmen konnten. Boussi stammt aus dem Libanon. Sein Konzept lautet regionale Frischeküche mit orientalisch-mediterranem Einschlag. Uns werden Tapasvariationen serviert: Dreierlei Falafel mit Hummus, Tahini und Tomatenchutney, gebackene Spinat-Manchego-Bällchen auf Wildkräutersalat mit Aioli, Datteln und Pflaumen im Speckmantel, libanesische Küftebällchen mit Tomatensugo, Gemüsekibbeh mit Tomatencouscous, Kartoffel-Parmesan-Bällchen mit Tomatensalsa. Dazu wird ein wunderbar gekühlter Muschelkalk Chardonnay vom Weingut Rinke ausgeschenkt. Ali Boussi lässt es sich nicht nehmen, uns persönlich zu begrüßen. Zum Abschluss dieses Tages genießen wir unsere erste Weinprobe. Über diese als auch über die weitere auf der anderen Moselseite in Luxemburg wird uns Dieter von Schwertführer berichten. Am Dienstag überqueren wir die Mosel in Richtung Luxemburg-Stadt und passieren die Igeler Säule. Den Grenzverlauf bei Wasserbillig erkennt man bereits daran, dass auf der deutschen Seite viele Einkaufszentren für Luxemburger attraktiv sind, während deutsche Autofahrer unzählige Tankstellen auf der luxemburgischen Seite ansteuern können. Über die Autobahn geht es vorbei am Luxemburger Flughafen zum Kirchberg-Plateau im Nordosten, das nur einen halben Kilometer Luftlinie vom Stadtzentrum entfernt liegt. Der Bedarf für Einrichtungen der Europäischen Gemeinschaft war immens gewachsen, so dass der Staat die hier gelegenen 365 Hektar Land kaufte und damit mit dem „Fonds Kirchberg“ eine Institution schuf, die die Urbanisierung des dritten und jüngsten Teils der Hauptstadt einleitete. Gründungsakt war 1963 der Bau der Grande-Duchesse-Charlotte-Brücke nach den Plänen des deutschen Architekten Egon Jux (1927-2008). Das wegen seiner zinnoberroten Farbe „Rote Brücke“ genannte Bauwerk ist, besonders vom Tal betrachtet, ein eindrucksvolles Stahlkunstwerk. Es erstreckt sich über das Alzettetal und verbindet das Plateau mit dem Stadtzentrum. Wir erreichen sie über die Avenue John F. Kennedy.
Ein Blick ins Tal ist durch eine hohe Wand verdeckt, die das Überklettern verhindern soll. An der Ost-Einfahrt zum Plateau Kirchberg steht „Exchange“, eine aus 7 selbsttragenden und 37,5 Tonnen schweren Stahlplatten bestehende und rund 20 Meter hohe Skulptur, ein Monumentalwerk des amerikanischen Bildhauers Richard Serra. Die bepflanzte Umrandung des Verkehrskreisels wurde von dem deutschen Landschaftsarchitekten Peter Latz gestaltet. Im Vorbeifahren weist Till Otto auf weitere architektonisch höchst interessante Gebäude hin: Das Ensemble der Türme der Porte de l’Europe besteht aus zwei 19-stöckigen hohen Gebäuden, welche die West-Einfahrt vom Stadtzentrum her zum Plateau Kirchberg symbolisieren sollen. Entworfen wurden sie vom katalanischen Architekten Ricardo Bofill, welcher auch die dreieckige Form der Place de l’Europe, zuvor ein offener Parkplatz am Fuße des Alcide-De-Gasperi-Turms, geplant hat. In dessen Zentrum steht die 2005 eingeweihte Philharmonie de Luxembourg (Architekt Christian de Portzamparc), ein weißes Gebäude in Linsenform. Die Akustik verantwortet Albert Yaying Xu. Der Europäische Gerichtshof (Architekten Dominique Perrault, Paczowski et Fritsch) ist mehrfach umgebaut und erweitert worden und wurde in das Ensemble der Zwillingstürme eingebettet. Im September 2019 kam noch ein dritter Turm – der höchste in Luxemburg – hinzu. Das Gebäude der Europäischen Investitionsbank wurde von dem englischen Architekten Sir Denys Lasdun entworfen. Unser Bus hält am Dräi Eechelen-Park, der seinen Namen den drei vergoldeten Eicheln, welche die Turmspitzen des Fort Thüngen (1732) zieren, verdankt. Hier genießen wir einen herrlichen Panoramablick auf die Altstadt von Luxemburg. Hinter dem Fort Thüngen mit einem Eingang zu dessen Kasematten steht das Musée d’Art Moderne Grand-Duc Jean, das vom sino-amerikanischen Architekten Ieoh Ming Pei und dem Luxemburger Architekten Georges Reuter entworfen wurde. Zum inneren Stadtbezirk gelangen wir fußläufig durch Überquerung des Pfaffentals mit den in Luxemburg frei benutzbaren öffentlichen Verkehrsmitteln. Eine Standseilbahn (Funiculaire) führt uns ins Tal unterhalb der roten Brücke. Mit dem Aufzug (Ascenseur panoramique Pfaffenthal) erreichen wir die Altstadt (Ville Haute), welche neben den Festungswerken Weltkulturerbe ist. Schon spüren wir, dass sich in diesem kleinen Land in der Mitte Europas, dem Großherzogtum Luxemburg, das Flair französischer Art durchgesetzt hat. Wir flanieren durch zwei Parks, bis wir die fragmentierte Fassade des von Architekten Foster u. Partners entworfenen Kaufhauses Galeries Lafayette am Boulevard Royal sehen. Von dort geht es zum lebhaften Place d’Armes, den wir von unserem Mittagstisch in der Brasserie du Cercle überblicken. Nach dem Verzehr von Muscheln, Bohnensuppe (Bounenschlup Luxembourgeoise), Flammkuchen, Linsensalat und anderen Spezialitäten reicht die Kraft noch zum Gang zum Großherzoglichen Palast (Palais grand-ducal), der offiziellen Residenz des Großherzogs (seit 2000 Henri). Passend zur Staatsform der konstitutionellen Monarchie ist gleich nebenan die Abgeordnetenkammer (Chambre des Députés) beherbergt. Gleich um die Ecke, auf dem Weg zur Kathedrale Notre Dame, in der Rue de l`Eau, betreibt die aus dem Fernsehen bekannte luxemburgische Köchin Lea Linster ihr „Boutique Café La Madelaine“. Mit dem Spruch „erst eine Madeleine, dann werden es schnell mehr sein“ wirbt sie für ein Produkt, das uns auch seit Marcel Prousts „Suche nach der verlorenen Zeit“ bekannt ist. Die Kathedrale gilt als Beispiel eines spätgotischen Bauwerks, das durch verschiedene von der Renaissance und dem Frühbarock beeinflusste Elemente bereichert wird. Till Otto beschreibt die Kunstform als ein Beispiel der Renaissance im manieristischen Stil.
Über die nach Saarbrücken führende Autostrasse beginnt am Mittwoch unsere Fahrt ins südliche Luxemburg. Sie führt uns direkt durch das Gelände des Saarweinanbaus. Der ironisch gemeinte Hinweis, der beste Moselwein komme von der Saar, hat auch einen Hintergrund. Er ist in der Regel nicht nur teurer, sondern besondere renommierte Weinlagen und Weingüter an der Flußstrecke zwischen Mettlach und Konz, wo die Saar die Mosel auffüllt, werden besonders geschätzt. Nach Mettlach, Hauptsitz von Villeroy und Boch, biegen wir ab in Richtung Dreiländereck und sehen die rauchenden Türme des Kernkraftwerkes Cattenom an der Mosel, nur zwölf Kilometer von der deutschen Grenze und neun Kilometer von der luxemburgischen Grenze entfernt. In einer Abstimmung wird noch spontan beschlossen, auf dem Weg die Römische Villa Borg zu besuchen. Dieser Archäologiepark wurde ab 1994 allmählich aufgebaut, nachdem dort Überreste einer der größten römischen Villenanlagen gefunden und ausgegraben wurden. Gemäß den Grabungs- und Forschungsergebnissen wurden das Villenbad, die Taverne, das Herrenhaus mit musealer Einrichtung, ein Wohn- und Wirtschaftstrakt mit römischer Küche und liebevoll gestaltet Gartenanlagen nachempfunden und gebaut. Vermittelt werden soll eine Vorstellung über das Kochen und Speisen der Römer und davon, wie sie das Bad zur körperlichen Erholung und auch zur Konversation genutzt haben könnten. Ein besonders markanter Punkt im Dreiländereck ist der in Luxemburg gelegene Ort Schengen, ein kleines Dorf, das zum Synonym für einen Raum ohne Grenzkontrollen wurde, nachdem dort am 14. Juni 1985 fünf EU-Mitgliedstaaten auf dem ankernden Fahrgastschiff MS Princesse Marie-Astrid das Schengener Übereinkommen unterzeichneten, das den Abbau der Kontrollen an den gemeinsamen Grenzen und die Einführung des freien Personen- und Warenverkehrs vorsieht.- Auf der Weiterfahrt passieren wir Mondorf-les-Bains. Till Otto überrascht uns mit dem Hinweis, dass dort im inzwischen abgerissenen Palace Hotel zwischen Mai und September 1945 86 fast alle bis dahin gefassten Nazigrößen und hochrangige Militärs der deutschen Wehrmacht festgehalten und verhört wurden, bevor ein großer Teil von ihnen nach Nürnberg vor dem Internationalen Militärgerichtshof zum Prozess gebracht wurde. Die bekanntesten unter ihnen waren Hermann Göring, Joachim von Ribbentrop, Wilhelm Keitel, Alfred Jodel und Walter Rosenberg. Das geheim gehaltene Gefangenenlager trug den Codenamen Camp Ashcan. Das Tagesziel ist Esch-sur-Alzette, die zweitgrößte Stadt im Großherzogtum, dem (ehemaligen) Zentrum der luxemburgischen Eisen- und Stahlindustrie. Das Hüttenwerk Belval wurde zwischen 1909 und 1912 errichtet und mehrfach erweitert. Zwischen 1965 und 1979 wurden größere Hochöfen gebaut. 1997 wurde der letzte Hochofen stillgelegt. Mit dem Ende der Roheisenproduktion entstand eine ca. 120 Hektar große Industriebrache, wobei wie im Ruhrgebiet industriekulturelle Zeugnisse erhalten und in ein städtebauliches Konzept integriert werden sollten. Die Hochöfen A und B wurden 2000 unter Schutz gestellt und prägen heute die Silhouette des Stadtquartiers. Der Hochofen C wurde demontiert und an einen chinesischen Stahlkonzern verkauft. Dessen Betonfundament steht heute als eine Art morbides Relikt inmitten eines Bassins in der hier neu entstandenen „Cité des Sciences“ (Stadt der Wissenschaften). Unser Ortsführer Luc aus Esch erläutert uns die Anlage, deren städtebauliches Konzept eine Mischung aus Universitätsviertel, Dienstleistungen, Einkaufsmöglichkeiten, Wissenschafts- und Bildungseinrichtungen sowie Sport-, Kultur- und Freizeiteinrichtungen ist. Angesichts der starken Hitze sehen wir davon ab, den Hochofen A zu besteigen. Von der 40 m hohen Sichtbühne soll man einen grandiosen Blick über Belval haben, welches seit 2015 auch der Hauptcampus der Universität Luxemburg ist. Nach Aussage Lucs habe sich dort 7800 Studierende der naturwissenschaftlichen und mathematischen Fakultäten eingeschrieben.
Eine Rundfahrt durch Esch bildet den Abschluss unseres Besuchs im südlichen Luxemburg. In Trier angekommen, gilt unser Abschied und besonderer Dank unserem Reiseführer Till Otto. Er hat die Reise besonders professionell und minutiös mitgeplant. Bei der Vorbereitung stand er mit dem Unterzeichneten in ständigem Kontakt. Er hat uns die Sehenswürdigkeiten ausführlich erklärt und war immer als Erster zur Stelle, wenn Hilfe benötigt wurde. Till Otto merkt man an, dass er sein Moselland und die Lebensart liebt. Beim Abschied hat sich die gesamte Gruppe in der Lobby des Hotels versammelt und Till Otto mit großem Applaus gedankt, den er auch ein wenig gerührt entgegennahm. Unsere Rückreisen schließen wir gern mit einer an der Strecke gelegenen Sehenswürdigkeit ab. Zum Thema Europa passt die niederländische Stadt Maastricht in Limburg an der Maas, der Mutter der Mosel, fast zwingend. Wir fahren über Lüttich und Verviers in Belgien und erreichen Maastricht. Am „Roten Stern“ in der Nähe des Graanmarktes erwarten uns zwei muntere Stadtführerinnen. Beide, Marion und Jola, sind in Maastricht geboren und leben für ihre Stadt. Wir werden in zwei Gruppen geführt. Vom Graanmarkt biegen in die enge Stokstraat ab, einer der ältesten Straßen der Stadt, einst ein Armenviertel. Heute reihen sich dort luxuriöse Modeboutiquen und Designergeschäfte aneinander. Auch Königin Maxima pflege hier schon mal einzukaufen, bemerkt Jola. Süffisant fügt sie hinzu, befremdlich sei, dass Preisauszeichnungen in der Regel fehlten, jedoch oft mit dem Angebot eines Nachlasses von 50 bis zu 70 % geworben werde. Hier stelle sich die Frage, von welchem Ausgangspreis dies gelte. Von der Liebfrauenkirche geht es weiter zur Bischofsmühle, wo wir den Duft des dort frisch gebackenen Kuchens riechen können. Wir sehen den Vrijthof mit der Sint Servaasbasilika. Dort gibt der berühmtest Sohn der Stadt, André Rieu, jährlich seine Open-Air-Konzerte. 16000 Stühle stehen für die Konzertbesucher bereit. In drei Wochen gebe er zwölf Konzerte.
Unser Rundgang endet am großen Marktplatz, wo auch das Rathaus steht. Dort kehren wir zu einem mit einer typisch holländischen Kaffeetafel vorbereiteten Mittagessen im „Eetcafé Minckelers“ ein. Wir stärken uns für die Rückfahrt, die wir bei Bottrop unterbrechen. Dort ist ein besonderer Dank für unseren Fahrer Frank angezeigt. Er hat uns, auch bei überraschenden Fahranweisungen durch Till Otto immer sicher und zuverlässig durch vier Länder in der Mitte Europas gefahren. Frank zeigt sich besonders erfreut und überrascht über die Flasche Wein, die wir ihm von eine der Weinproben mitgebracht haben. Inge und ich erwidern unseren von Manfred Lauffs für die Gruppe ausgesprochenen Dank für Vorbereitung und Durchführung der Reise mit einem Kompliment an alle Teilnehmer: Alle haben trotz teilweise erheblicher Hitze aufmerksam und tapfer mitgemacht, waren immer konzentriert und keiner hat „schlapp gemacht“. Dies war eine durch und durch harmonische Reise auch dank einer zahlenmäßig überschaubaren Gruppe, deren Teilnehmer sich auch fast immer gemeinsam zu einem Schoppen Wein nach dem Abendessen rund um die Porta Nigra eintrafen und die Ereignisse des Tages resümierten.
Eckard Andersson